Blogbeiträge HF und Demenz

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Im Moment gibt es keinen Konsens über einen Zusammenhang zwischen HF-EMF und der Alzheimerkrankheit (SCENIHR, 2015). HF-EMF werden ja nicht als Risikofaktor für Demenz betrachtet. Die bekanntesten genannten Risikofaktoren (siehe z.B. Winblad et al., 2016) sind der Alterungsprozess und eine genetische Disposition.

Wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammengefasst (2022) (freie Übersetzung):

Obwohl das Alter der bekannteste Risikofaktor für Demenz ist, ist Demenz keine unvermeidliche Folge des biologischen Alterungsprozesses. Demenz trifft übrigens nicht nur ältere Menschen. In fast 9 % der Fälle handelt es sich um Demenz im jüngeren Lebensalter (wobei Symptome vor dem Alter von 65 Jahren auftreten). Studien zeigen, dass Menschen die Gefahr des Verlustes kognitiver Fähigkeit und der Demenz einschränken können, indem Sie körperlich aktiv sind, nicht rauchen, Alkoholmissbrauch vorbeugen, ihr Gewicht behalten, auf eine gesunde Ernährung achten und gute Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckerwerte behalten. Zusätzliche Risiken sind Depression, soziale Isolation, niedrige Schulleistungen, kognitive Inaktivität und Luftverschmutzung.

Dies wird wohl noch untersucht und verschiedene Arbeitshypothesen werden geprüft. In einer rezenten Studie gibt Pall (2022) ein Literaturverzeichnis der Folgen von elektromagnetischen Feldern (EMF) mit geringer Intensität auf die Aktivierung von Calciumkanälen, die zur Entwicklung von Demenzsymptomen im jungen Alter führen könnten. In diesem Teil betrachten wir diese Veröffentlichung und prüfen wir den Zusammenhang zwischen HF-EMF und der Alzheimerkrankheit. Dieses Verzeichnis ist hauptsächlich auf der Rolle von Calcium bei der Alzheimerentwicklung basiert, und auf der Hypothese, dass EMF eine Rolle bei der Aktivierung von spannungsabhängigen Calciumkanälen (VGCC = voltage gated calcium channels) spielen, wodurch Calciumionen (Ca2+, d. h. ein von einem Elektronenmangel oder -überschuss geladenes Atom oder Molekül - Ca2+ bedeutet, dass das Calciumatom 2 Elektronen verloren hat) durch die Zellmembran der (Gehirn)Zellen hindurch dringen können:

  1. In zahlreichen Zellen tritt Ca2+ als ein intrazellulärer Bote bei der Regulierung verschiedener Zellfunktionen auf. Ein erhöhtes Ca2+ in Gehirnzellen könnte jedoch zur Produktion von hohen Werten des Proteinfragments Beta-Amyloid (Aβ) führen, dessen Proteinaggregate eine Rolle bei der Entwicklung der Alzheimerkrankheit spielen (siehe zum Beispiel Bharadwaj et al., 2009; Berridge, 2010; Guan et al., 2021). Die Zunahme von Ca2+ kann der falschen Aktivierung von Calciumkanälen zugeschrieben werden. Diese Kanäle sind essentiell für die normale Funktion dieser Zellen. Damit das Gehirn funktionieren kann, spielt Calcium zum Beispiel eine wichtige Rolle in den Neuronen, da es an der Übertragung von Nervenimpulsen beteiligt ist. Aber wenn die Calciummenge nicht gut reguliert ist, kann es seine Funktion nicht gediegen erfüllen, und dies kann zur Entwicklung einiger neurodegenerativen Erkrankungen, wie der Alzheimerkrankheit, führen. Änderungen in der intrazellulären Konzentration des freien Calciums geschehen in den Gehirnzellen aus zahlreichen Gründen, zum Beispiel während des natürlichen Alterungsprozesses (z.B. Eckert et al. 1994; Brini et al. 2014).
  2. Im Falle der Aktivierung von spannungsabhängigen Calciumkanälen (VGCC) würden HF-EMF mit geringer Intensität dazu führen, dass zu hohe Calciumwerte in die Zellen eindringen. Obwohl chemische, elektrische oder physikalische Stimuli zur Aktivierung der Calciumkanäle führen könnten, konzentriert das Verzeichnis sich vor allem auf die EMF-Hypothese. Pall wies jedoch darauf, dass hier nicht behauptet wird, dass die EMF der einzige auslösende Kausalfaktor für die Alzheimerkrankheit sind. Ins Verzeichnis wurden Studien der möglichen Folgen von Frequenzfeldern, vom statischen Feld bis zu den sehr niederfrequenten und hochfrequenten Feldern aufgenommen. Da der Autor jedoch das frühe Auftreten der Alzheimerkrankheit in Zusammenhang mit einer erhöhten HF-EMF-Exposition bringt, konzentrieren wird uns auf das letztere Feld.

Wir werden diese Hypothese genauer analysieren. An erster Stelle möchten wir betonen, dass Pall (2022) kein vollständiges Literaturverzeichnis gibt, sondern vielmehr eine Auswahl von Studien zur Bestätigung seiner Hypothese. Der Autor folgt übrigens den traditionellen Regeln der Medizin basiert auf wissenschaftlichen Beweisen nicht (wo zuerst die Qualität der Studien beurteilt wird und danach die hochwertigen Studien aufgenommen werden). Es soll auch bemerkt werden, dass die meisten ins Verzeichnis aufgenommenen Artikel zur Bestätigung des Zusammenhangs zwischen HF-EMF und Calciumkanälen, vom Autor selbst geschrieben wurden. Einige dieser Artikel wurden vorher schon von verschiedenen Autoren im Bereich kritisiert, und es wurde an, sowohl der Interpretation der Ergebnisse der besprochenen Artikel, als an den erwähnten physikalischen Prinzipien, Kritik geübt. Dieser Artikel kann nicht als ein systematischer Review, woraus Schlussfolgerungen gezogen werden können, betrachtet werden.

Verschiedene Argumente ziehen die Vernünftigkeit der Hypothese bezüglich der VGCC-Aktion in Zweifel:

  1. Falls HF-EMF eine Auswirkung haben könnten, dann würde das über die Neuverteilung von elektrischen Ladungen in der Höhe der Zellmembran sein, was zu möglichen Unterschieden führen würde. Um hierauf auszuwirken, sollten von HF-Geräten und -Apparaturen ausgesendete HF-EMF das Transmembranpotenzial, das viele Male höher als die aktuellen Expositionsgrenzwerte im HF-Bereich liegt, stören (Wood & Karipidis, 2021). Es ist anzumerken, dass das elektrische Feld tatsächlich die Porosität der Zellmembran vorübergehend ändern kann. Das wird Elektroporation genannt, und wurde in der Vergangenheit schon für klinische Anwendungen benutzt. Aber die benutzten elektrischen Felder haben sehr hohe Intensitäten und werden in Form von Pulsen angewendet. Diese elektrischen Feldern ähneln, weder in Bezug auf Signale, noch im Bereich der Intensität, den HF-EMF-Signalen, die meistens im Telekommunikationsbereich benutzt werden (Europäische Kommission, 2015).
  2. Die Kräfte oberhalb einer Frequenz von 10 MHz werden, grob, nicht ausreichend lange in derselben Richtung auf ein Ion (ein geladenes Teilchen, z.B. Ca2+) ausgeübt, um es über die gleiche Strecke als die Membrandicke zu bewegen (Sheppard et al., 2008). Wir können mit einem Ball (dem Ion) in einem Rohr, das von einer Seite bis zur anderen Seite gekippt werden kann (das elektromagnetische Feld, das das Ion anziehen wird) vergleichen. Falls, indem das Rohr gekippt wird, es 1 Sek. dauert bevor der Ball aus dem Rohr kommt (= durch die Membran hindurch), dann wird er nicht bewegen, wenn das Rohr 10 000 Mal/Sek. oder mehr im HF-Bereich gekippt wird.

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass es bis jetzt keinen Beweis gibt, dass HF-EMF Auswirkungen auf die Entwicklung der Alzheimerkrankheit haben. Zur Isolation einiger Risikofaktoren für eine ähnliche allgegenwärtige Krankheit, die erst im fortgeschrittenen Alter auftritt, wären epidemiologische, schwierig durchzuführende Großstudien benötigt. Dies stimmt umso mehr im Falle der HF-EMF: einer der am schwierigsten zu untersuchenden Aspekte ist wahrscheinlich die von Handys im Menschenleben bewirkte Verhaltensänderung, z.B. stundenlang mit dem Telefon beschäftigt sein, Zeit auf repetitive Handlungen verwenden, während kürzerer Zeit körperlich aktiv beschäftigt zu sein, ... Dies könnte, positive oder negative, mit der HF-EMF-Exposition nicht zusammenhangende Auswirkungen haben, die aber doch schwierig in epidemiologischen Studien zu unterscheiden sein. Studien sollten also umsichtig organisiert werden, um damit zu rechnen.

Verweise

Brini, M., Calì, T., Ottolini, D., & Carafoli, E. (2014). Neuronal calcium signaling: function and dysfunction. Cellular and molecular life sciences: CMLS, 71(15), 2787–2814. https://doi.org/10.1007/s00018-013-1550-7

Catterall WA. Voltage-gated calcium channels. Cold Spring Harb Perspect Biol. 2011 Aug 1;3(8):a003947. doi: 10.1101/cshperspect.a003947. PMID: 21746798; PMCID: PMC3140680.

Eckert, A., Hartmann, H., Förstl, H., & Müller, W. E. (1994). Alterations of intracellular calcium regulation during aging and Alzheimer's disease in nonneuronal cells. Life sciences, 55(25-26), 2019–2029. https://doi.org/10.1016/0024-3205(94)00382-3

Europäische Kommission (EU-Kommission) (2015). Tools and methods for in vivo electroporation https://cordis.europa.eu/article/id/159850-clinical-applications-of-electroporation/de

Pall M. L. (2022). Low Intensity Electromagnetic Fields Act via Voltage-Gated Calcium Channel (VGCC) Activation to Cause Very Early Onset Alzheimer's Disease: 18 Distinct Types of Evidence. Current Alzheimer research, 19(2), 119–132. https://doi.org/10.2174/1567205019666220202114510

SCENHIR (2015)

Sheppard, A. R., Swicord, M. L., & Balzano, Q. (2008). Quantitative evaluations of mechanisms of radiofrequency interactions with biological molecules and processes. Health physics, 95(4), 365–396. https://doi.org/10.1097/01.HP.0000319903.20660.37

Winblad, B., Amouyel, P., Andrieu, S., Ballard, C., Brayne, C., Brodaty, H., Cedazo-Minguez, A., Dubois, B., Edvardsson, D., Feldman, H., Fratiglioni, L., Frisoni, G. B., Gauthier, S., Georges, J., Graff, C., Iqbal, K., Jessen, F., Johansson, G., Jönsson, L., Kivipelto, M., … Zetterberg, H. (2016). Defeating Alzheimer's disease and other dementias: a priority for European science and society. The Lancet. Neurology, 15(5), 455–532. https://doi.org/10.1016/S1474-4422(16)00062-4

Wood, A., & Karipidis, K. (2021). Radiofrequency Fields and Calcium Movements Into and Out of Cells. Radiation research, 195(1), 101–113. https://doi.org/10.1667/RADE-20-00101.1

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33206197/

World Health Organization (2022). Dementia. https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/dementia