Blogbeiträge Dossier: HF-EMF und Melatonin

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In der wissenschaftlichen Literatur gibt es Studien die behaupten, HF-EMF-Aussetzung könne eine erniedrigte Melatoninbildung verursachen, was die Schlafqualität und den Tag-Nacht-Rhythmus beeinflussen könnte. Die HF-EMF-Auswirkungen auf die Melatoninbildung werden immer noch untersucht und sind noch nicht deutlich nachgewiesen worden. In diesem Dossier geben wir einen Überblick über unsere Kenntnisse.

Was ist Melatonin? Was macht es?

Melatonin ist ein Hormon, das von der Epiphyse im Gehirn produziert wird, hauptsächlich als Reaktion auf Finsternis. Es hängt zusammen mit der Schlafregulation und dem (biologischen) Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers.

Spät am Abend fängt der Körper an, mehr Melatonin zu produzieren, es erreicht ein Maximum um Mitternacht, während das Tageslicht die Melatoninbildung bremst. Tagsüber bleibt die Bildung niedrig, was helfen kann, wach und alert zu bleiben.

Stand der Kenntnisse über EMF und Melatonin? Vermindert die Melatoninbildung, wenn die EMF-Aussetzung zunimmt?

Einige Studien haben den Zusammenhang zwischen hochfrequenten elektromagnetischen Feldern und der Melatoninbildung untersucht. Es ist zu bemerken, dass die Ergebnisse dieser Studien noch kontrovers sind, und dass mehr Forschungen notwendig sind, bevor Schlussfolgerungen über die möglichen Folgen von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern auf die Melatoninbildung gezogen werden können.

Zur Forschung der möglichen Folgen von HF-EMF auf die Melatoninbildung, können verschiedene Studien durchgeführt werden:

  • In-vivo-Studien: Diese Studien werden an verschiedenen HF-EMF-Niveaus ausgesetzten Versuchstieren durchgeführt. Die Melatoninbildung wird dann gemessen, um zu bestimmen, ob die Aussetzung Auswirkungen auf die Epiphyse hat.
  • Kontrollierte experimentelle Studien: Diese Studien werden an Menschen durchgeführt, wobei sie entweder HF-EMF ausgesetzt werden oder nicht. Die Melatoninbildung wird nach der HF-EMF-Aussetzung gemessen (im Allgemeinen über ihre Konzentration im Speichel oder die Ausschüttung von Derivaten im Urin), um zu bestimmen, ob die Konzentrationen sich je nach der Aussetzung ändern.
  • Beobachtungsstudien: Diese Studien werden an verschiedenen HF-EMF-Niveaus ausgesetzten Gruppen von Menschen durchgeführt. Forscher messen die Melatoninbildung (auch im Speichel oder Urin) bei den Teilnehmern, die verschiedenen HF-EMF-Niveaus ausgesetzt werden.

Selmaoui & Touitou (2021) haben in ihre Literaturübersicht 14 In-vivo-Studien aufgenommen. Zehn dieser Studien haben keine Effekte nachgewiesen, und vier schlussfolgerten, es liege eine erniedrigte Melatoninbildung vor. Bei den aufgenommenen Studien, die kontrollierte Versuche an Menschen umfassten, wurden bei sieben Studien keine Effekte, und bei einer Studie eine erniedrigte Melatoninbildung im Speichel nachgewiesen. Aufgrund ihrer Literaturübersicht schlussfolgerten die Autoren, dass die Forschung der HF-EMF-Folgen auf die Melatoninbildung noch beschränkt ist, und dass die Ergebnisse sich widersprechen. Manche sprechen von Effekten, andere nicht und noch andere können nicht zu einer definitiven Schlussfolgerung führen. Mehr Forschung ist notwendig, um bündig schlussfolgern zu können, ob HF-EMF Effekte auf die Melatoninbildung haben können, und um zu klären, welche biologischen Mechanismen gegebenenfalls beteiligt sein könnten.

Im Bereich der Beobachtungsstudien haben Wood et al. (2006) bei 55 Freiwilligen untersucht, ob die Exposition gegenüber hochfrequenten Mobilfunksignalen während 30 Minuten vor dem Schlafengehen eine Auswirkung auf die Melatoninausschüttung hatte. Die Freiwilligen haben sich an zwei Versuchsnächten, einer mit tatsächlicher Exposition und einer mit Scheinexposition, beteiligt (Doppelblind-Studie). Die Ergebnisse wiesen nach, dass die Gesamtmelatoninausschüttung nachts bei tatsächlicher Exposition nicht beeinflusst wurde. Burch et al. (2002) betrachteten den Zusammenhang zwischen der täglichen Nutzung des Handys und der Melatoninausschüttung im Urin bei zwei Gruppen von männlichen Elektrikern. Die Ergebnisse deuteten nicht auf Unterschiede in der ersten Gruppe hin. Bei der zweiten Gruppe wurde bei den Arbeitern, die ihr Handy täglich mehr als 25 Minuten nutzten, jedoch eine niedrigere nächtliche Ausschüttung festgestellt, als bei den Arbeitern, die ihr Handy nicht nutzten.

Es ist wichtig zu bemerken, dass HF-EMF nicht der einzige Faktor sind, der die Melatoninbildung beeinflussen könnte. Andere Faktoren, wie eine nichtausreichende Tageslichtexposition oder umgekehrt, eine Kunstlichtexposition nachts (siehe z. B. Smolensky et al., 2015 oder Touitou et al., 2017), das Licht von Bildschirmen nachts (siehe z. B. Cho et al., 2015), Koffein zu sich nehmen (siehe z. B. Park et al., 2018) und Aktivitäten vor dem Schlafengehen (siehe z. B. Hartmann et al., 2019 oder Salti et al., 2015) können den Melatoninzyklus beeinflussen, und den Tag-Nacht-Rhythmus des Körpers stören. Verschiedene dieser Faktoren können nur schwierig von der Nutzung drahtloser Technologien getrennt werden, unabhängig von der HF-EMF-Aussetzung. Das ist bestimmt der Fall bei menschlichen Studien, wobei gut konzipierte Methoden essenziell sind. Weitere Forschungen sind also notwendig, um die möglichen Auswirkungen von HF-EMF auf die Melatoninbildung besser zu verstehen, und auch um gegebenenfalls gesundheitliche Empfehlungen zu formulieren.

Der Vollständigkeit halber sollten wir auch andere Studien erwähnen, welche die positiven Effekte von Melatonin auf Effekte in Verbindung mit der HF-EMF-Aussetzung betrachtet haben, und die noch untersucht werden, wie oxidativer Stress oder DNA-Schaden. Aus Mangel an Schlussfolgerungen über das HF-EMF-Risiko für die Gesundheit des Menschen bei den aktuellen Expositionsniveaus werden wir jedoch diese Studien nicht gründlicher behandeln.

Verweise

Burch, J. B., Reif, J. S., Noonan, C. W., Ichinose, T., Bachand, A. M., Koleber, T. L., & Yost, M. G. (2002). Melatonin metabolite excretion among cellular telephone users. International journal of radiation biology, 78(11), 1029–1036. https://doi.org/10.1080/095530...

Cho, Y., Ryu, S. H., Lee, B. R., Kim, K. H., Lee, E., & Choi, J. (2015). Effects of artificial light at night on human health: A literature review of observational and experimental studies applied to exposure assessment. Chronobiology international, 32(9), 1294–1310. https://doi.org/10.3109/07420528.2015.1073158

Hartmann, M., Pelzl, M. A., Kann, P. H., Koehler, U., Betz, M., Hildebrandt, O., & Cassel, W. (2019). The effects of prolonged single night session of videogaming on sleep and declarative memory. PloS one, 14(11), e0224893. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0224893

Park, J., Han, J. W., Lee, J. R., Byun, S., Suh, S. W., Kim, T., Yoon, I. Y., & Kim, K. W. (2018). Lifetime coffee consumption, pineal gland volume, and sleep quality in late life. Sleep, 41(10), 10.1093/sleep/zsy127. https://doi.org/10.1093/sleep/zsy127

Salti, R., Tarquini, R., Stagi, S., Perfetto, F., Cornélissen, G., Laffi, G., Mazzoccoli, G., & Halberg, F. (2006). Age-dependent association of exposure to television screen with children's urinary melatonin excretion?. Neuro endocrinology letters, 27(1-2), 73–80.

Selmaoui, B., & Touitou, Y. (2021). Association Between Mobile Phone Radiation Exposure and the Secretion of Melatonin and Cortisol, Two Markers of the Circadian System: A Review. Bioelectromagnetics, 42(1), 5–17. https://doi.org/10.1002/bem.22310

Smolensky, M. H., Sackett-Lundeen, L. L., & Portaluppi, F. (2015). Nocturnal light pollution and underexposure to daytime sunlight: Complementary mechanisms of circadian disruption and related diseases. Chronobiology international, 32(8), 1029–1048. https://doi.org/10.3109/07420528.2015.1072002

Touitou, Y., Reinberg, A., & Touitou, D. (2017). Association between light at night, melatonin secretion, sleep deprivation, and the internal clock: Health impacts and mechanisms of circadian disruption. Life sciences, 173, 94–106. https://doi.org/10.1016/j.lfs.2017.02.008

Wood, A. W., Loughran, S. P., & Stough, C. (2006). Does evening exposure to mobile phone radiation affect subsequent melatonin production? International journal of radiation biology, 82(2), 69–76. https://doi.org/10.1080/09553000600599775